20.09.2017
Ein Beitrag von DI Peter Dunzendorfer, BSc. / Projektmanager im Kunststoff-Cluster
Bereits in den 80er Jahren entwickelte Chuck Hull ein Gerät, welches Material schichtweise additiv auftrug und so zu einem dreidimensionalen Objekt formte. Dieses Verfahren, genannt Stereolithographie (SLA), stellte damals wie auch noch heute eine innovative Alternative zu konventionellen Fertigungsmethoden dar. Lange Zeit blieben diese und ähnliche additive Technologien für die große Masse verborgen. Additive Fertigungsverfahren erlebten erst in den frühen 2000er Jahren mit der Fused Filament Fabrication (FFF)-Technologie einen Aufschwung. Heute werden diese Technologien umgangssprachlich als 3D-Druck zusammengefasst und haben sich kontinuierlich weiterentwickelt. Neben den beiden genannten gibt es mittlerweile noch weitere, wie z.B. das pulverbasierende selektive Lasersintern (SLS) oder die Polyjet/Multijet (PJ/MJ)-Technologie, die ein Flüssigpolymer auf die Oberfläche aufträgt, mittels UV-Licht aushärtet und so zu einer starren Schicht formt
Wachstum ungebrochen
Die jährliche Wachstumsrate des gesamten 3D-Druck Marktes betrug in den letzten Jahren um die 25 % (Quelle: Wohler) und dieser Trend soll sich auch fortsetzen. Wöchentlich werden Neuerungen in Technologie, Anwendung oder Material präsentiert. Die großen Produzenten aus Auto- und Flugzeugbauindustrie setzen vermehrt auf 3D-Druck und fördern so die Entwicklung von immer besseren und schnelleren Technologien, wobei im Kunststoffbereich ein besonderer Fokus auf der Erzeugung von Festigkeiten und Oberflächen, vergleichbar mit jenen im Spritzguss, liegt.
Geschwindigkeit als Manko
Eines haben diese Technologien jedoch gemeinsam: Sie sind noch zu langsam, um für die Massenproduktion wirtschaftlich zu sein. Heute benötigen 3D-Drucker je nach Bauteilgröße, Fülldichte bei Vollkörpern und Genauigkeit zwischen einigen Minuten und mehreren Stunden. Umso genauer ein 3D-Drucker arbeitet, also je geringer die gedruckte Schichthöhe ist, desto länger dauert folglich der Ausdruck des gesamten Bauteils. Bisher wurden diese additiven Fertigungsmöglichkeiten für die Kleinserienproduktion eingesetzt, sofern Festigkeit, Oberflächenbeschaffenheit und Bauteilgröße keine ausschlaggebenden Kriterienwaren.
Hochsteife Bauteile möglich
Der schichtweise Aufbau eines 3D-Modells stellt für das gesamte Bauteil einen Nachteil dar, verglichen mit Bauteilen aus konventioneller Fertigung, da durch die Schichtbauweise der bisherigen Kunststoff 3D-Druck-Technologien ein anisotropes Bauteilverhaltenent steht. Moderne Technologien, wie z.B. das von Hewlett Packard entwickelte Verfahren Multi Jet Fusion (MJF) oder Augmented Polymer Deposition (APD) von Rize Inc., werben in Datenblättern mit isotropen Bauteilverhalten. Auch im FFF-Bereich gibt es Ansätze, um diese räumlich unabhängigen Materialeigenschaften zu erreichen. Dies erweitert das Anwendungsspektrum des 3D-Druckes auf funktionelle Kunststoff-Bauteile. Berichten zufolge soll durch Einsatz von Plasma eine Bauteilfestigkeit von 95 % eines Spritzguss-Bauteils erreicht werden können (FuseBox). Auch der Einsatz von kurzfaserverstärkten Filamenten und auch die Composite Filament Fabrication (CFF) Technologie, die eine Endlos-Kohlefaser in die Schichten miteindruckt, hat gezeigt, dasshochsteife Konstruktionen mittels 3D-Druckbereits möglich sind.
Verbesserte Oberflächen
Auch die Verbesserung der Oberflächenbeschaffenheit des gedruckten Bauteils ist seit einigen Jahren ein zentrales Thema. Mittlerweile existieren Nachbearbeitungsstationen für FFF- oder auch SLA-3D-Drucker. Auch die Hersteller industrieller Drucker berücksichtigen diesen Trend und bieten dementsprechende Stationen für ihre Drucker an. Geringe Schichthöhen führen zu einer besseren Oberflächenbeschaffenheit.
Bauteilgröße
Ein weiteres Begrenzungskriterium ist die Bauteilgröße. Zwar gibt es heute schon Anbieter, die Großmaschinen für Teile im Meterbereich anbieten, jedoch finden diese noch keine breite Anwendung. Bemerkenswert ist die Errungenschaft eines Druckerkonzepts im Desktop-Format, die die Längsachse durch ein Förderband ersetzt. Somit ist die Fertigung von Bauteilen möglich, die theoretisch unendlich sind, solange die Materialzufuhr gewährleistet ist.
Stützstrukturen vermeiden
Stützstrukturen sind, wie der Name schon sagt, für die Objekterstellung als Unterstützung von darüber liegenden Schichten oftmals nötig. Diese Strukturen entfallen zum Beispiel bei pulverbasierenden additiven Fertigungsmethoden, da das nicht ausgehärtete Pulver als Stütze genügt. Doch auch hier reduzieren innovative Weiterentwicklungen diesen zusätzlichen Aufwand an Zeit und Material, beispielsweise ein FFF-Drucker von Blackbelt 3D, dessen Extrusionseinheit in einem bestimmten Winkel zur Bauebene bewegt wird, und der somit frei schwebende Strukturen problemlos fertigen kann. Ein weiterer Ansatz sind 5-Achsen-Roboterarme, die sowohl den Druckkopf als auch das Bauteil selbst in alle Richtungen schwenken können und somit Stützstrukturen vermeiden und bevorzugte Orientierungen fertigen können. Hier gibt es jedoch noch Probleme die Genauigkeit im Mikrometerbereich zu garantieren.
Trotz aller Einschränkungen und Herausforderungen, die es mit den unterschiedlichen 3D-Druck Technologien noch gibt, existieren bereits Ansätze für eine Massenproduktion. Durch einen Fördergurt ist es möglich mit dem Blackbelt 3D-Drucker auch Serienproduktion durchzuführen. Die großen Unternehmen wie Stratasys und 3DSystems, aber auch mittlere Playeram Markt wie Formlabs oder Ultimaker, bieten Konzepte für die Massenproduktion an, sogenannte Produktionszellen. Hier werden mehrere Drucker in einem System zusammengefasst und automatisiert, sodass die Drucker durchgehend in Betrieb sein können. So gelang es, den ROI von 3D-Druckanlagen deutlich zu erhöhen.
Abschließend sei gesagt, dass die Entwicklungen der 3D-Drucktechnologien vermutlich noch einige innovative Erneuerungen benötigen, um Produkte alle Größen, Farben und Materialien schnell zu fertigen. Verschiedene Forschergruppen entwickeln regelmäßig neue Ansätze, wie z.B. Ultraschall Manipulation, die additive Fertigung weiter revolutionieren können.
Zum Autor
DI Peter Dunzendorfer, BSc. ist Projektmanager im Kunststoff-Cluster und beschäftigt sich seit 2010 intensiv mit dem Thema Generative Fertigung. Durch seine praktische Erfahrung im Umgang mit verschiedenen Systemen und seiner Aktivität als Technologie-Beobachter hat er einen guten Überblick über die ganze 3D-Druck Landkarte.
Tel.: +43/ 664 / 848 1281
peter.dunzendorfer@biz-up.at