27.01.2022
Verpackungen sollten möglichst umweltfreundlich und gleichzeitig praktisch sein. Selbstbedienung, Lebensmittelschutz und Frische sind im Lebensmittelhandel ohne Kunststoff derzeit nicht denkbar. Der Handel will gemeinsam mit Konsument:innen Plastik einsparen. Das Ziel: Überverpackungen vermeiden, Materialstärken reduzieren oder recyclingfähige Verpackungen forcieren. Recyclingfähigkeit muss aber nicht zwingend mit Nachhaltigkeit korrelieren. Darüber diskutierten namhafte Expert:innen bei der Erfahrungsaustauschrunde „Kunststoffverpackung“ im Dezember 2021, organisiert vom Kunststoff-Cluster.
Bis 2030 sollen alle auf dem EU-Markt in Verkehr gebrachten Kunststoffverpackungen wiederverwendbar sein oder kosteneffizient recycelt werden können. Nicht recycelbare Stoffe sollen aus Verpackungen verbannt werden. Vor diesem Hintergrund ist es auch notwendig, die Aufbereitung und Verarbeitung von recycelten Kunststoffen durch bessere Sammlung und Sortierung von Kunststoffabfällen zu fördern. Einen Fokus der Strategie bildet auch die Vermeidung von Kunststoffabfällen in der Umwelt insbesondere durch Einweg-Kunststoffartikel wie zum Beispiel „Coffee-to-go-Becher“, Plastikgeschirr oder Einwegflaschen. So tauschen sich seit dem Frühjahr 2019 verschiedene Unternehmen aus der Verpackungsbranche entlang des Wertschöpfungskreislaufs aus und versuchen, diese Herausforderungen mit innovativen Lösungen zu meistern.
Gemeinsam mit der FH Campus Wien und einigen KMU suchte das branchenübergreifende Kooperationsprojekt „Packloop“ nach Antworten bezüglich der Entwicklung von nachhaltigen und sicheren Verpackungen. Unterstützt wird das Projekt vom Lebensmittel-Cluster der oö. Standortagentur Business Upper Austria. Der Rezyklateinsatz für Verpackungen ist dabei ein wichtiges Thema. Im Projekt wurde vor allem der Einsatz von Rezyklaten in Sekundärpackmittel (Umverpackungen ohne direkten Kontakt zum Lebensmittel) beurteilt und mögliche Einsatzgebiete dafür ausgearbeitet. Aus wirtschaftlicher Sicht ist entscheidend, in welcher Größenordnung es durch die Umstellung zu einem höheren Materialaufwand im Vergleich zu konventionellem Verbundverpackungen kommt.
Basierend auf der Circular Packaging Design Guideline ermittelte die FH Campus Wien die Rezyklierbarkeit der derzeitigen Verpackungen sowie mögliche Alternativen. Das Österreichische Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) untersuchte die ausgewählten Verpackungen bezüglich Produktschutz, Lagerfähigkeit und Maschinengängigkeit.
„Dass der Umstieg auf recyclingfähige Schlauchbeutel und Vakuumfolien ohne Einbußen der Produkthaltbarkeit möglich ist, zeigte unter anderem der Fleischverarbeitungsbetrieb Landhof. Die Recyclingfähigkeit ist dabei mit über 90 % erfreulich hoch“, berichten Lisa Ehm und Charlotte Werner von der FH Campus Wien.
Laut Gunda Rachut, Vorstand der deutschen Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister, wird europaweit eine einheitliche Regelung für Recyclingbewertungen kommen müssen. Für zusätzliche Bewegung am Markt sorgten die gesetzten europäischen Klimaziele (Green Deal/CO2-Neutralität) und neue Regularien auf nationaler Ebene (Verpackungsgesetz). Wichtig ist aus ihrer Sicht die Importwirtschaft. Ab 1.7. gibt es für das Verpackungsregister LUCID veränderte Regulativen für Online-Shops, von denen auch Marktgiganten wie Amazon, Alibaba sowie deren Händler betroffen sind. Es müssen sich dann alle Unternehmen mit ihren Verpackungen registrieren, auch für Mehrwegverpackungen, Transport- und industrielle Verpackungen oder Serviceverpackungen. Elektronische Marktplätze dürfen künftig keine Ware von Herstellern zulassen, die ihre Verpackungen nicht zuvor an einem System beteiligt haben. Deshalb besteht Handlungsbedarf.
„Es gibt derzeit eine Vielzahl an Unternehmen aus China, die sich registrieren lassen, um die Auflagen auch in Zukunft zu erfüllen“, bestätigt Rachut.
Das Nürnberger Unternehmen VerDeSoft unterstützt die Kund:innen bei der Entwicklung neuer Verpackungskonzepte durch Ideenfindung, Grafik- und Formdesign, Konstruktion, 3D-Visualisierung, Bemusterung und Beratung bis hin zur technischen Planung neuer Verpackungslinien. Speziell das Design for Recycling spielt seit einiger Zeit eine sehr große Rolle. So sind vor allem die Verpackungsdesigner:innen gefordert, das nötige Know-how für eine zirkuläre Verpackung einzubringen. Ein starker Trend hin zu vermeintlich nachhaltigerem Papier statt Kunststoff als Verpackungsmaterial ist zu verzeichnen. So berichtet Thomas Reissig, Geschäftsführer der VerDeSoft: „Von 15 Projekten beschäftigen sich 14 mit dem Thema Papier statt Kunststoff.“
Erfahrungsaustauschrunden haben im Cluster Tradition. Dabei treffen sich Unternehmensvertreter:innen und Expert:innen aus der Wissenschaft, um über Spezialthemen zu diskutieren. Im gegenseitigen Erfahrungsaustausch bauen die Teilnehmer:innen wertvolles praktisches Wissen auf, um mit frischen Ideen und neuen Werkzeugen die täglichen Herausforderungen noch besser bewältigen zu können. Neben der Organisation und Koordination der Termine mit den Mitgliedern übernimmt der Kunststoff-Cluster die Moderation der einzelnen Treffen.
„Die Erfahrungsaustauschrunde ‚Kunststoffverpackung‘ hat sich mittlerweile zu einer etablierten Plattform für den gesamten Wertschöpfungskreislauf entwickelt“, freut sich Christian Mayr, Projektmanager im Kunststoff-Cluster.
Der Kunststoff-Cluster ist eine Initiative der Länder Oberösterreich und Niederösterreich. Träger sind die regionalen Standortagenturen Business Upper Austria und ecoplus.