05.12.2019
Die Natur sorgt für Vielfalt und lässt ganz ohne Planung und Analyse seit Millionen von Jahren ständig Neues entstehen. Die Verhaltensbiologin Dr. Barbara Niedner beschäftigt sich damit, wie Unternehmen und Führungskräfte von Fauna und Flora lernen können. Im Interview legt die Keynote-Speakerin der 20-Jahr-Feier des Kunststoff-Clusters ihre Sicht der Dinge dar.
Niedner: Menschen planen wie wild, die Natur macht einfach. Wir beteiligen uns an aufwendigen Planungsvorlagen und langwierigen Abstimmungsprozessen im Unternehmen, bis jede Hierarchie, jeder Bereich zustimmt, und klagen darüber, dass wir keine Zeit und kein Budget für Neues haben. Die Natur sorgt für Vielfalt und lässt ständig Neues entstehen – ganz ohne Planung und Analyse. Und in disruptiven, unsicheren Zeiten explodiert die Artenvielfalt. Weil sie auf Vielfalt gepolt ist, kann die Natur auf Neues sofort flexibel und adäquat reagieren – komme, was wolle! Wer agil sein will, muss umdenken, die Planerei zurückfahren, die Bremse lösen und die Weichen auf Vielfalt stellen.
Um zuversichtlich in eine ungewisse Zukunft zu reisen, braucht es Führungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Unsicherheit als Chance nutzen, um vorwärts zu agieren. Unseren Kopf halten wir in unsicheren Situationen nur hin, wenn wir das Gespür fürs Machbare haben. Daher loten Sie das Machbare im Ungewissen aus. Im unsicheren Terrain abseits der gewohnten Pfade lernen wir, im Ungewissen zu handeln. Je mehr Menschen im Unternehmen den Umgang mit Unsicherheit beherrschen, desto innovativer und agiler kommt ein Unternehmen voran.
Für eine ungewisse komplexe Zukunft braucht es Alphas, die mit natürlicher Autorität durch unsicheres Terrain führen. Sie sind im Dienst der Sache unterwegs und sorgen mit ihrer natürlichen Autorität für klare Orientierung. Gute Alphatiere setzen Neues und Innovationen durch, indem sie andere für ihre Vorhaben gewinnen. So werden Reibungsverluste reduziert und die Bremse gelöst. Bis dato wurde von Führungskräften gefordert, sich auf festgelegten Pfaden zu bewegen: Es wurden Hierarchien geschaffen, Abläufe definiert, klare Regeln vorgegeben. Dabei ist bei vielen Führungskräften ihr persönliches Potenzial für natürliche Autorität und die Neugier auf neuen Wege, abseits der Autobahnen, auf der Strecke geblieben. Die aktuelle Situation erfordert neue Pfade: Dafür gibt es keine vorgefertigten Routen und die neuen können sehr unwegsam und holprig sein. Das generiert natürlich Unsicherheit. Und genau in diesem Moment sind gute Alphas unbezahlbar! Sie gehen überlegt vor, packen an – auf eine Art, der wir gerne folgen.
Sich aktiv Betriebe in der Kunststoffbranche und Bereiche in einem Unternehmen zu suchen, wo die Führungsfähigkeit von Frauen wertgeschätzt wird. In so einem Umfeld haben Frauen die Möglichkeit, ihre natürliche Autorität auszuloten und zu entwickeln. So können Frauen Schritt für Schritt ihren Platz im Unternehmen auf überzeugende und faire Art erobern. Und das bitte selbstbewusst: Schon Charles Darwin beobachtete quer durchs Tierreich „active female choice“. Bei Naturvölkern und Primaten haben Alpha-Frauen einen großen Einfluss und bringen ihre weiblichen Stärken ein. Das Zusammenspiel zwischen männlichen und weiblichen Hierarchien erzeugt in der Natur so nachhaltigen Erfolg für die gesamte Gruppe. Der Gesamtprofi t steigt! Auch im Unternehmen können wir nachhaltigen Mehrwert schaffen, wenn es gelingt, das Zusammenspiel von Frauen und Männern in der Führung besser zu nutzen. Dafür braucht es auf der einen Seite Alpha-Männer, die Frauen fair auf Augenhöhe mitspielen lassen und auf der anderen Seite Alpha-Frauen, die sich weiblich authentisch mit Status aktiv einbringen. Frauen führen anders, machen Dinge einfach anders und ergänzen so gemischte Führungsteams. So entsteht Vielfalt mit Mehrwert in der Natur.
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