Die Besten als Maß aller Dinge

Interview mit Christian Lürken (Fraunhofer IPT) und Christoph Ebbecke (WLZ)

Excellence in Production
Excellence in Production, größter Werkzeugbau-Benchmark im deutschsprachigen Raum
Foto von Christian Lürken, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT
Christian Lürken, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT © WZL/IPT
Foto von Christoph Ebbecke, Gruppenleiter am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen University
Christoph Ebbecke, Gruppenleiter am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen University © WZL/IPT
KC-aktuell Sonderausgabe Werkzeugbau inklusive der Studie „Tooling in Austria“
KC-aktuell Sonderausgabe Werkzeugbau inklusive der Studie „Tooling in Austria“

09.03.2021

Der jährlich stattfindende Wettbewerb des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen sowie des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT verfolgt seit 2003 das Motto: Lernen von den Besten. Über 300 Werkzeug- und Formenbaubetriebe nutzen jedes Jahr die Gelegenheit, kostenlos und anonym ihre Position im Wettbewerb zu ermitteln, um sich zu optimieren. Im Interview erzählen Christian Lürken (Fraunhofer IPT) und Christoph Ebbecke (WLZ) über die länderspezifische Auswertung aus dem Vorjahr, deren Ergebnisse in der Studie „Tooling in Austria“ präsentiert wurden.

Herr Ebbecke, Herr Lürken, Sie haben im letzten Jahr gemeinsam mit Ihren Kollegen des WZL der RWTH Aachen sowie des Fraunhofer IPT die Studie „Tooling in Austria“ erstellt. Was ist ihr persönliches Resümee nach dieser Studie?

Die Studie hat gezeigt, dass es österreichische Werkzeugbaubetriebe schaffen, sich über exzellente Qualität und eine hohe Termintreue im internationalen Wettbewerb in der Spitzengruppe zu platzieren. Dies trifft insbesondere für die Werkzeugbaubetriebe der kunststoffverarbeitenden Industrie zu, welche rund 80 % der österreichischen Branche Werkzeugbau ausmachen. Insgesamt ist die Branche gleichauf mit Werkzeugbaubetrieben aus Deutschland. Wir sehen österreichische Werkzeugbaubetriebe daher in einer sehr guten Ausgangssituation für die Zukunft. In jedem Land müssen Betriebe weiterhin aktuelle Trends adressieren, um das hohe internationale Standing beizubehalten.

Was war für Sie die größte positive Überraschung bei der Auswertung der österreichischen Unternehmenskennzahlen?

Wirklich überraschend war der hohe Umsatzanteil von über 65 %, den österreichische Werkzeugbaubetriebe im Inland generieren. Insbesondere zu Zeiten globaler Pandemien ist dies ein positiver Aspekt, da Unternehmen weltweit globale Lieferketten und Abhängigkeiten von internationalen Märkten hinterfragen. In dieser Hinsicht trägt die Fokussierung auf den nationalen Absatzmarkt maßgeblich zur Resilienz der Werkzeugbaubetriebe bei. Weiterhin haben es Werkzeugbaubetriebe aus Österreich geschafft, junge Menschen für den Werkzeugbau zu begeistern und können so dem Fachkräftemangel durch eine, im Vergleich zu deutschen Betrieben, signifikant höhere Auszubildendenquote entgegentreten. Auch in den Bereichen der Automatisierung und Digitalisierung sind erste positive Ansätze zur Weiterentwicklung erkennbar. So investieren Betriebe beispielsweise in eine technologieübergreifendende Verkettung von Fertigungstechnologien.

Nachdem Sie die österreichischen Werkzeugbau-Unternehmen unter die Lupe genommen haben, wo sehen Sie die größten Handlungspotenziale und wie würden Sie diese angehen?

Gerade im Bereich der Digitalisierung lässt sich im Vergleich zur deutschen Branche Werkzeugbau noch Handlungspotenzial identifizieren. Die Situation um die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass es Unternehmen in Drucksituationen schaffen, bestehende Abläufe und Strukturen in kurzer Zeit umzukrempeln und neu zu gestalten. Diese Mentalität sollte auch auf den Bereich der Digitalisierung in Werkzeugbaubetrieben übertragen werden. Durch entschiedenes Handeln und zielgerichtete Maßnahmen zur Umsetzung von digitalen Lösungsansätzen, können bestehende Potenziale bereits kurzfristig realisiert werden. Die Digitalisierung im Werkzeugbau umfasst die Realisierung von Lösungen zur Nutzung von Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dies ermöglicht die Erhöhung der Transparenz und die Steigerung der Effizienz in der Auftragsabwicklung, um Durchlaufzeiten zu senken und die Termintreue zu erhöhen. Zudem wird es weiterhin unabdingbar sein, in anforderungsgerechte Automatisierungslösungen zu investieren. Nur durch eine hohe Maschinenauslastung und mannlose Maschinenlaufzeiten lassen sich an Hochlohnstandorten langfristig wettbewerbsfähige Preise erzielen.

Was würden Sie den österreichischen Unternehmen noch gerne mit auf den Weg geben?

Die Studie „Tooling in Austria“ hat es der österreichischen Branche Werkzeugbau ermöglicht, die eigene Position im internationalen Wettbewerb zu ermitteln und Handlungsfelder zum Erhalt und zum Ausbau der sehr guten Position abzuleiten. Diese Vorgehensweise ist auch für jeden einzelnen Werkzeugbaubetrieb entscheidend, um langfristig die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen. Somit liegt es an den österreichischen Werkzeugbaubetrieben ihre individuelle Marktposition zu bestimmen, um sich selbst im Vergleich zum nationalen und internationalen Wettbewerb zu bewerten und relevante Handlungsfelder zur Erhöhung der eigenen Leistungsfähigkeit zu identifizieren. Die Adressierung dieser Handlungsfelder ist notwendig, um auch weiterhin konkurrenzfähig am Markt zu agieren. Die Möglichkeit hierfür bietet der Wettbewerb »Excellence in Production« zum »Werkzeugbau des Jahres«. Der größte Branchenwettbewerb im deutschsprachigen Raum ermöglicht durch eine Teilnahme die detaillierte Bewertung des Werkzeugbaus anhand einer individuellen Kennzahlenauswertung mit über 100 organisatorischen und technologischen Kennzahlen. Erste Verbesserungspotenziale werden hierbei in der Regel schon während der Datenerhebung für den Wettbewerb ersichtlich. Einsendeschluss für den Online-Fragebogen ist in diesem Jahr der 01.05.2021

www.excellence-in-production.de

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