„Die Möglichkeiten sind beinahe grenzenlos“

Interview mit Markus Manz, CEO des SCCH

Portrait Markus Manz, CEO Software Competence Center Hagenberg
Markus Manz, CEO Software Competence Center Hagenberg © SCCH
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein wichtiger Bestandteil einer modernen Digitalisierung
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein wichtiger Bestandteil einer modernen Digitalisierung © AdobeStock/ svetlanamiku

26.06.2024

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein wichtiger Bestandteil einer modernen Digitalisierung. Der Einzug von KI in die produzierende Industrie nimmt rasant an Fahrt auf. Das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) beschäftigt sich von Beginn an mit KI-basierten Softwaresystemen. Was sind deren Vorteile, wo liegen die Grenzen? Wir haben bei Markus Manz, CEO des SCCH, nachgefragt.

Bedeutet Digitalisierung immer gleich Künstliche Intelligenz?

Dazu ein klares Jein. Zum einen Nein, weil Digitalisierung mehr und KI nicht immer die richtige Lösung ist. Zum anderen Ja, weil es derzeit kaum einen Unternehmensbereich gibt, den die KI nicht revolutioniert – egal ob Predictive oder Prescriptive Maintenance, Prozessoptimierung, Qualitätskontrolle, SupplyChain-Optimierung, Materialentwicklung bzw. -forschung oder Energieeffizienz. In vielen Betrieben, mit denen wir zu tun haben, ist die Produktion aber bereits gut digitalisiert, die KI hebt sie nun auf das nächste, smarte Level.


Welchen dieser Bereiche würden Sie als „überlebensnotwendig“ einstufen?

Da gibt es keine Rangliste. Ein Beispiel: Predictive Maintenance überwacht die Maschinen und sagt mir, wann eine Wartung erforderlich ist, um Ausfälle zu vermeiden. Prescriptive Maintenance, die vorausschauende, beschreibende Instandhaltung, schlägt dazu noch Maßnahmen zur Optimierung vor. Das eine geht nicht ohne das andere.


Kann jeder produzierende Betrieb KI-basierte Systeme für sich nutzen?

Im Grunde ja, die Möglichkeiten sind vielfältig. Stellen Sie sich vor, Sie horten Expertenwissen von Mitarbeitern aus den vergangenen Jahren in Form elektronischer Textprotokolle. Ein trainiertes Large Language Model (LLM) entnimmt aus diesen Protokollen relevante Informationen und bereitet sie in verständlicher Form auf. Gut möglich, dass dieser Prozess aus vielen Protokollen wertvolles, verstecktes Wissen extrahiert. Über sogenannte Knowledge Graphen können menschliche und maschinelle Informationen kombiniert und in Relation gesetzt werden. So lernen KI und Mensch aus dem neu kombinierten Wissen. KI-Modelle lassen sich aber auch mit Parametern und Bildern so trainieren, dass sie frühzeitig warnen, wenn eine Produktcharge vom „golden Patch“, also vom idealen Bereich bzw. gar vom Toleranzbereich abweicht, noch bevor es für den Maschinenbediener sichtbar ist. Vortrainierte KI-Modelle kann man durch gut formulierte Prompts beispielsweise fragen, welche Materialien man beim Kunststoffrecycling beimengen muss, um einen perfekt verarbeitbaren Kunststoff zu erhalten. Oder sollte ein Rohstoff zu teuer sein, kann ich fragen, welcher Ersatzrohstoff sich am besten eignet. Es ließe sich auch prognostizieren, welcher Rohstoff je nach Konsistenz und dazugehörigem Preis am besten passt.


Wo liegen die Grenzen der KI in diesem Kontext?

Da stehen wir ganz am Anfang. Die Möglichkeiten sind beinahe grenzenlos, aber die Modelle lernen nicht von selbst. Wir helfen dabei, die richtigen Fragen zu stellen und mit KI produktiv zu lösen.


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