Die Zukunft im Kunststoffspritzguss ist digital

Die Zukunft im Kunststoffspritzguss ist digital
Die Zukunft im Kunststoffspritzguss ist digital © CHASE

27.10.2023

Die Digitalisierung dringt in alle Bereiche der Industrie vor und formt dabei auch den Kunststoffspritzgussprozess grundlegend um. Die Auswirkungen sind bereits zu spüren: als Effizienzsteigerung, Kostenreduktion und Qualitätsverbesserung. Durch den Einsatz von Assistenzsystemen, Robotik, Sensorik und virtuellen Modellen eröffnen sich neue Horizonte für den Kunststoffspritzguss.

Eine besondere Entwicklung, die die Digitalisierung hervorgebracht hat, sind Digitale Zwillinge, also virtuelle Modelle von Spritzgussprozessen, die von hybriden Modellbildungen erstellt werden.

„Damit lassen sich optimale Maschinenkonfigurationen und Prozesseinstellungen im Voraus ermitteln. Das spart nicht nur Zeit und Kosten für umfangreiche experimentelle Versuche, auch die Prozessentwicklung wird effizienter und präziser, was sich direkt auf die Qualität der Endprodukte auswirkt“, weiß Patrick Pammer, kaufmännischer Geschäftsführer der Competence Center CHASE GmbH, in dessen Arbeitsalltag die Digitalisierung von Prozess- und Wertschöpfungsketten eine zentrale Rolle spielt.


Effizienzsteigerung durch Automatisierung

Roboter erobern zunehmend die Produktionsstätten und verleihen dem Spritzgussprozess eine neue Dynamik. Die präzise Handhabung von Einlegeteilen, die Montage komplexer Baugruppen und reduzierte Zykluszeiten sind nur einige Vorteile, die Roboter mit sich bringen. Das bedeutet letztendlich Effizienzsteigerung und konstante Bauteilqualität. Darüber hinaus entlasten Roboter die Arbeitskräfte und schaffen Zeit und Raum für anspruchsvollere Aufgaben.


Sensorik für Echtzeitüberwachung

Für eine Echtzeitüberwachung von Maschinen-, Prozess- und Qualitätsparametern sind moderne Spritzgussmaschinen mit einer Vielzahl von Inline-Sensoren ausgestattet. Diese Sensoren gewähren einen detaillierten Einblick in den Ist-Zustand der Anlage und bilden die Grundlage für eine verbesserte Prozess- und Qualitätskontrolle. Dies wiederum reduziert Maschinenstillstandzeiten und führt zu geringerem Ausschuss.


Individualisierung und Flexibilität

Neben all den Vorteilen, die die Digitalisierung schon heute für Spritzgießunternehmen bringt, sieht Pammer noch weitere Potenziale für die Zukunft: „Durch die Digitale Transformation werden Individualisierung und Flexibilität zunehmend in den Vordergrund rücken, da digitale Methoden eine schnellere Anpassung an Kundenwünsche ermöglichen. Fortschritte in Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz werden zu einer noch präziseren Prozess- und Qualitätskontrolle führen, insbesondere bei Materialien mit schwankender Eingangsqualität.“


Wissenserhalt und Wissenstransfer

Die Digitale Transformation im Kunststoffspritzguss bringt wesentliche Veränderungen für Unternehmen mit sich und verlangt ein Anpassen an neue Herausforderungen.

Was konkret auf die Betriebe zukommen wird, erklärt Christian Paulik, wissenschaftlicher Geschäftsführer von CHASE: „Auf technologischer Seite wird die Vernetzung auf Datenebene innerhalb der Unternehmen immer wichtiger. Produktkontrolle und Prozessdaten werden sinnvoll miteinander verknüpft und vorhandenes Domänenwissen muss digitalisiert und abrufbar gemacht werden, beispielsweise für Mitarbeitertrainings oder wenn auf Managementebene informierte Entscheidungen über potenzielle Investitionen getroffen werden müssen.“


Personalentwicklung entscheidend

Digitalisierung bewirkt aber nicht nur Veränderungsprozesse in technologischer Hinsicht, sondern verlangt auch nach neuen Qualifikationen und digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter.

„Unternehmen müssen sich digital positionieren und entsprechende Expertise in Data Engineering, Data Science, Artificial Intelligence und Knowledge Management aufbauen“, rät Paulik.

Denn nur mit der richtigen Personal- und Teamentwicklung können sich Betriebe für die Herausforderungen der Zukunft rüsten.


Vernetzung entlang der Prozesskette

Pammer und Paulik prophezeien außerdem eine enge Vernetzung zwischen den wichtigsten Playern der Prozesskette. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen auf Unterbrechungen, regulatorische Anforderungen und Kundenwünsche flexibel reagieren können. Dies erfordert eine intensive Interaktion zwischen den Stakeholdern und eine ganzheitliche Betrachtung der Prozesskette.

„Spritzgussunternehmen werden deshalb zunehmend mit Maschinenherstellern, Werkzeugproduzenten, Materialzulieferern und Endkunden in einem gemeinsamen Ökosystem agieren. Das Zusammenspiel und der Informationsaustausch zwischen diesen Akteuren werden essenziell, um Prozesse und Ergebnisse zu optimieren“, sind die Experten überzeugt.


Hochwertig produzieren mit Rezyklaten

Für eine erfolgreiche Zukunft im Kunststoffspritzguss wird es auch notwendig sein, neue Branchen und Märkte zu erschließen.

„Unternehmen müssen in der Lage sein, flexibel auf die Bedürfnisse potenzieller Kunden in diesen neuen Märkten zu reagieren und gleichzeitig hochwertige Produkte herzustellen – auch wenn sie recycelte Kunststoffe verwenden. Dafür müssen sie ihre digitalen Technologien verbessern, ihr Wissensmanagement optimieren und eine effiziente Kommunikation mit ihren Geschäftspartnern sicherstellen“, sagt Pammer.

Die weltweit wachsenden Bemühungen, Produkte so zu gestalten, dass sie leicht zu recyceln sind (Design-for-Recycling), werden auch neue Materialentwicklungen hervorbringen. Er rät Unternehmen, darüber nachzudenken, wie sie mit den verschiedenen Materialströmen umgehen können, die im Recyclingprozess entstehen, und wie sie schnell auf sich ändernde Anforderungen reagieren können.


Transformation der Geschäftsmodelle

Der Einzug digitaler Technologien erfordert auch, alte Geschäftsmodelle neu zu denken. Nutzungsbasierte Abrechnung und Life-Cycle-Management-Ansätze werden traditionelle Geschäftsmodelle aufbrechen. Vor allem Pay-per-Use-Modelle bieten sich laut Pammer für Spritzgussunternehmen an.

„Sie verringern die Anschaffungskosten und bieten gleichzeitig Wartung und Instandhaltung. Die Einbindung des Kunden in den Prozess schafft Transparenz und stärkt zudem die Kundenbindung“, betont Paulik.


Competence Center CHASE GmbH

Unternehmen, die auf die Potenziale der Digitalisierung setzen, werden nicht nur ihre Effizienz steigern und Kosten reduzieren, sondern auch die Qualität ihrer Produkte verbessern und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Das Competence Center CHASE spielt in dieser Entwicklung eine wichtige Rolle, indem es gemeinsam mit seinen Partnerunternehmen nachhaltige Produktionsverfahren vorantreibt und die Digitalisierung als zentrales Element nutzt. CHASE wird im Rahmen des Forschungsförderungsprogramms COMET (Competence Centers for Excellent Technologies) durch den Bund sowie die Bundesländer Wien und Oberösterreich finanziert.

www.chasecenter.at