15.04.2021
Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig es für produzierende Unternehmen ist, flexibel auf unterbrochene Lieferketten zu reagieren und Produkte sowie Bauteile bei Bedarf dezentral zu fertigen. Erfreulicherweise werden die Bedingungen dafür immer besser.
Die zunehmende Vernetzung digitaler Fertigungsprozesse – Stichwort Industrie 4.0 – erleichtert es, an unterschiedlichen Orten zu produzieren. Doch wird sich dieser Trend durchsetzen und welche Entwicklungen sind aktuell zu beobachten? Und welche Rolle spielt dabei die Additive Fertigung?
Es gibt mehrere Treiber für eine dezentrale Produktion: die Individualisierung der Produktion einhergehend mit geringeren Stückzahlen, die schnelle und flexible Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie der mögliche Rückgang von Transportkosten. Der Additiven Fertigung kommt dabei eine besondere Rolle zu. Denn für die Fertigung mittels additiver Verfahren benötigt man keine vorab hergestellten Formen. Hier stellt nur der Bauraum eine Limitierung für die Bauteilgröße dar, ansonsten ist die Formgebung frei. Dies ist ein wesentlicher Vorteil bei einer dezentralen Fertigung von geringen Stückzahlen. Gerade bei Kleinserien ist die Additive Fertigung bei der Betrachtung der Kosten bereits konkurrenzfähig.
Für Unternehmen gibt es neben dem Aufbau eigener dezentraler Fertigungsstrukturen die Möglichkeit, auf Fertigungsdienstleister vor Ort zurückzugreifen. Der einfachste Weg, dezentrale Fertigungsstrukturen zu nutzen, führt über spezialisierte Online-Plattformen. Hier bietet der Betreiber den einfachen Zugang zu einem Netzwerk von Dienstleistern. Der Kunde lädt seine Konstruktionsdaten hoch und erhält ein Angebot. Die Vergabe erfolgt über die Plattform nach Kriterien wie freie Kapazitäten und Fähigkeiten. Somit hat der Kunde unkompliziert Zugriff auf ein dezentrales Produktionsnetzwerk. Bei der Diskussion um Herausforderungen für die Nutzung solcher Modelle sind die Themen Qualität und Qualitätssicherung von Bedeutung. Die Plattformen führen deshalb eigenständig Zertifizierungsprozesse mit ihren Netzwerkpartnern durch, um Qualitätsstandards zu garantieren.
Vor allem kleinere Unternehmen profitieren von dezentralen Strukturen: Sie müssen nur das Design ihrer Produkte festlegen und können die Produktion einem Dienstleister überlassen. Diesen können sie gezielt auswählen und bei Bedarf mit dem Vertrieb des Produkts beauftragen. Ansätze hierfür sind in der Orthopädietechnik zu beobachten, beispielsweise bei der Herstellung von Produkten mit sehr hohem Individualisierungsgrad wie Schuheinlagen oder Orthesen. Bei Bauteilen ohne sicherheitsrelevante Aspekte, z. B. bei Architekturmodellen, scheinen sich solche Ansätze ebenso zu bewähren.
Aktuell ist noch nicht klar, ob und in welcher Form sich dezentrale Produktionsstrategien durchsetzen werden. Letztendlich sind dezentrale Ansätze in der Produktion einhergehend mit technischen Entwicklungen und Aspekten wie Umweltschutz sowie Ressourceneffizienz sicherlich ein wichtiges Thema, das es aufmerksam zu beobachten gilt.