30.07.2019
Die Produktion und der Konsum von Kunststoffen sind seit dem Anfang der Massenproduktion in den fünfziger Jahren weltweit rasant gestiegen. Derzeit werden jährlich global rund 350 Millionen Tonnen produziert während in Europa rund 65 Millionen Tonnen hergestellt werden. Aus Sicht von Experten gibt es beim Recycling-Anteil und der thermischen Verwertung noch Potenzial.
In Österreich werden jährlich, basierend auf Zahlen für 2010, rund 1,1 Millionen Tonnen an Polymeren produziert, hauptsächlich Polyolefi ne (79%), Polystyrole (16%) und Harze (5%). Nach Import und Export von diesen Polymeren sowie von Halbfertigwaren und fertigen Produkten, bei denen ein Importüberschuss von rund 146.000 Tonnen pro Jahr besteht, werden jährlich rund 1,3 Millionen Tonnen an Kunststoffprodukten in Österreich konsumiert, was rund 150 kg/Kopf entspricht. Kunststoffe werden mittlerweile in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft angewendet, wobei der Verpackungssektor die größte Menge an Kunststoffen verbraucht (22%). Bedeutend ist auch der Bausektor (17%).
Die Menge an Kunststoffen, die derzeit in Verwendung ist, steigt in allen betrachteten Sektoren stetig an, insgesamt um 440.000 Tonnen pro Jahr, was 34% des Gesamtkonsums entspricht. Vor allem der Bausektor, aufgrund der langen Lebensdauer der verwendeten Kunststoffprodukte, trägt zu diesem Lageraufbau bei. Nach der Nutzungsphase werden aus zwei Sektoren, nämlich Transport und Elektronik, relevante Mengen als Gebrauchtware exportiert. Diese Produkte werden dann nach einer möglichen weiteren Nutzung im Ausland zu Abfall und stellen daher aus österreichischer Sicht einen Ressourcenverlust dar. Außerdem gehen nach ihrer Nutzung die Nicht-Kunststoffe aufgrund ihres dissipativen Verbrauchs verloren, da sie nicht mehr für die Abfallwirtschaft rückgewinnbar sind.
Die Produkte, die im Inland Abfall werden, verursachen eine Gesamtproduktion von Post-Consumer Abfällen von jährlich 580.000 Tonnen. Rund die Hälfte dieser Abfälle stammt aus dem Verpackungssektor, wie in Abbildung 1 dargestellt wird. Diese Verpackungsabfälle sind vor allem zusammengesetzt aus Folien (48%) sowie aus kleinen Hohlkörpern inkl. PET Flaschen (32%), was sich auch in der Polymerzusammensetzung von Kunststoffverpackungsabfällen widerspiegelt, die dominiert wird von LDPE (46%) neben PET (19%), PP (14%) und HDPE (11%).
Neben den Post-Consumer Abfällen werden auch noch Produktionsabfälle produziert (rund 130.000 Tonnen pro Jahr) sowie netto rund 50.000 Tonnen Kunststoffabfälle pro Jahr importiert. Die österreichische Abfallwirtschaft behandelt dementsprechend jährlich rund 760.000 Kunststoffabfälle, was rund 91 kg/Kopf entspricht. Diese Abfälle werden derzeit hauptsächlich verbrannt. Rund 350.000 Tonnen pro Jahr (46%) befinden sich im gemischten Rest- und Gewerbemüll, die in Müllverbrennungsanlagen energetisch verwertet werden. Außerdem werden weitere 160.000 Tonnen pro Jahr (21%) in der Zementindustrie als Ersatzbrennstoff sowie 74.000 Tonnen pro Jahr (10%) in der Stahlindustrie als Reduktionsmittel benutzt. Aus der stofflichen Verwertung werden jährlich rund 160.000 Tonnen (21%) Rezyklat produziert, was bedeutet, dass gemeinsam mit rund 4.000 Tonnen wiederverwendeten Kunststoffen nur 13% des Kunststoffkonsums (1,3 Millionen Tonnen) von Sekundärrohstoffen abgedeckt werden kann, während 87% aus Primärrohstoffen hergestellt werden. Insgesamt werden dementsprechend 98% der Kunststoffabfälle zu einer Verwertung geführt, sei es stofflich oder energetisch, und werden nur 15.000 Tonnen (2%) deponiert. Das liegt weit unter dem europäischen Mittelwert, wo 2017 noch immer rund 27% der Kunststoffabfälle deponiert wurden. Verpackungsabfälle werden, im Vergleich zum Durchschnitt aller Konsumsektoren, stärker der stofflichen Verwertung zugeführt, mit einer Rezyklatproduktion von rund 26%, während 40% in der Müllverbrennung und 33% in der Zementindustrie energetisch verwertet werden.
Zusammenfassend kann die Vielzahl an Herausforderungen, die Kunststoffabfälle aus den unterschiedlichen Sektoren betreffen, mit den zwei Extremen aufgezeigt werden, die außerdem mengenmäßig die wichtigsten Konsumsektoren darstellen: Die Verpackungen und der Bausektor. Einerseits haben Verpackungsprodukte eine sehr kurze Lebensdauer, was unmittelbar zu großen Abfallmengen führt, die entsprechend behandelt werden müssen. Das hat allerdings auch zur Folge, dass Maßnahmen, beispielsweise im Bereich des Ökodesigns, rasch Auswirkungen haben können, die die Zusammensetzung des Abfallstroms ändern. Erfolgreiche Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette kann also relativ schnell zu Verbesserungen führen. Auf der anderen Seite bleiben Produkte im Bausektor während Jahrzehnten in Benutzung. In den letzten Jahren ist die Anwendung von Kunststoffen in Gebäuden rasant gestiegen, was aber erst später zu höheren Kunststoffabfallmengen aus dem Bausektor führen wird. Außerdem können die Kunststoffe, die in diesem Sektor jetzt zu Abfällen werden, noch potenziell schädliche Substanzen enthalten, die bereits seit Jahren nicht mehr eingesetzt werden dürfen, wie beispielsweise bromierte Flammhemmer. Bei der Verwertung dieser Abfälle muss also darauf geachtet werden, dass Schadstoffe zu einer letzten Senke geführt und nicht wieder in den Kunststoffkreislauf gebracht werden.
Dr. Emile Van Eygen
wissenschaftlicher Mitarbeiter für den Forschungsbereich „Abfallwirtschaft und Ressourcenmanagement“
Technischen Universität Wien
+43 1 58 801 226 51
E-mail
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