Lebensmittel-Packaging im Spannungsfeld von Funktion und Nachhaltigkeit

04.07.2017

FachexpertInnen der Lebensmittelbranche, der Forschung und der Kunststoffverarbeitung betrachteten bei der Fachtagung des Kunststoff- und Lebensmittel-Clusters am 27. Juni bei Greiner Packworld in Oberwaltersdorf das Thema Lebensmittelverpackung aus unterschiedlichen Blickwinkeln.

Der Trend bei (Kunststoff)verpackungen geht klar in Richtung Biokunststoffe, funktionelle und optimierte Verpackung, Lebenszyklusanalysen (LCA) und ökologische Bewertung, so der Tenor der ReferentInnen.

Die Experten
Dr. Franz Reitbauer (GF Greiner Packaging) wies in seinem Vortrag auf den Nachhaltigkeitstrend bzw. auf den wachsenden Bedarf an nachhaltigen Kunststofflösungen hin. Zukünftig würden Anforderungen an Verpackungen steigen, vor allem hinsichtlich Beeinflussung der Qualität von Lebensmittel. Die Betrachtung des gesamten Lebenszykluses von Verpackungen werde immer mehr notwendig. Außerdem würden neue Wege bei den Qualitätsprüfungen und die Intensivierung der Entwicklungstätigkeit bei Barriereeigenschaften und Funktionalitäten, wie einer besonders gleitenden Oberfläche, die das Lebensmittel leicht und ohne Anhaften an der Oberfläche ausfließen lässt, forciert. Greiner Packaging setze hier auch stark auf die Kooperation mit Forschungseinrichtungen, um getreu dem Credo „Do the Innovation“ dem Lebensmittelmarkt neue, innovative Verpackungslösungen anbieten zu können.

Die Schwerpunkte des Vortrags von Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Tacker, MBA (FH Campus Wien) waren der Einfluss von Verpackungen auf die Umwelt und die Erhebung von Kennzahlen für deren Bewertung über den gesamten Lebenszyklus. „Verpackungen leisten einen wichtigen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit! 30 % der CO2 Emissionen sind auf Lebensmittelproduktion zurückzuführen – 1 % auf Lebensmittelverpackungen“, so Tacker. Es existieren verschiedene Nachhaltigkeitsindikatoren für Produkte und Bewertungsmethoden (Scorecards). Ökobilanzen müssen im Gesamten betrachtet werden, da sonst ökologisch nachteilige Entscheidungen getroffen werden. Auch die Methodik der einzelnen Ökobilanzauswertungen zeigen unterschiedliche Ergebnisse.

Ing. Michael Krainz (OFI) berichtete über das Clusterprojekt „Stop Waste – Save Food“. Ausgangspunkt dafür war die Lebensmittelverschwendung (100 Mio. t in Europa, 74,1 kt in Ö) und der CO2 Verbrauch bei der Lebensmittelherstellung. „Optimierte Verpackungen erzeugen fast immer ökologische Vorteile, weil der Nutzen von vermiedenen Lebensmittelabfällen deutlich höher ist als der Aufwand der Verpackungsproduktion bzw. -optimierung“. Dabei liege der Fokus der Forschungsfragen im Projekt darauf, ob verbesserter Schutz und verlängerte Haltbarkeit von Lebensmitteln eine Reduktion von Lebensmittelabfällen erreiche, und ob durch die Verpackungsoptimierung und dadurch erzielte Abfallreduktion auch tatsächlich ökologische und ökonomische Verbesserungen erreicht würden.

DI Dr. Christian Kirchnawy (OFI) gab einen Einblick in die Risikobewertung von Lebensmittelverpackungen und stellte die traditionelle Beurteilung modernen Methoden gegenüber. Wesentlicher Ansatz sei nicht, welche Substanzen bei der Produktion eingesetzt werden, sondern welche Substanzen aus der Verpackung ins Lebensmittel übergehen. Um die Auswirkung von genotoxischen Substanzen beurteilen zu können und zu detektieren, seien in-vitro Tests notwendig. Im Forschungsprojekt Migratox wird die Entwicklung, Validierung und Standardisierung von in-vitro Tests für die Risikobewertung von Verpackungen verfolgt.

DI (FH) Bettina Schrenk, (Leitung R&D, Greiner Packaging) zeigte die Vorteile einer integrierten Barriere beim Spritzstreckblastechnologie (ISBM). Diese neuartige Technologie bietet höchste Barriereeigenschaften, im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoff-Hohlkörpern. Durch diese Weiterentwickelung von Greiner Packaging lassen sich Vorteile wie erhöhte Transparenz, glänzende Oberfläche, Hitzeresistenz, Barrierefunktion sowie eine gute Verarbeitbarkeit und Designflexibilität erzielen. Damit erreicht man Märkte, die bisher oft noch in Metall oder Glas verpacken.

Über spritzgegossene Behälter als Lebensmittelverpackung, u.a. Gewürzbehälter mit integrierter Mahlfunktion, berichtete Dipl.-Ing. Harald Schnabl (Techn. GF Joma Kunststofftechnik). Das verwendete Material beeinflusste die Funktion und Lebensdauer maßgeblich. Auch der Trend von biologisch abbaubaren Biokunststoffen spiele hier eine große Rolle. So entwickelte JOMA beispielsweise eine Mühle aus PLA, die sich in Industriekompost innerhalb von zwei Monaten komplett zersetzt.

Impack als Tochterunternehmen der Lunik2 hat sich auf die Markenentwicklung und Begleitung von Verpackungen im Lebensmittelbereich spezialisiert. Harry Kriegner, Mastermind von Lunik2 und Impack, zeigte eindrucksvoll die „Kraft der Marke“ und den „Wettbewerb im Regal“ auf. „Man bekommt keine zweite Chance im Handel“, war seine wesentliche Botschaft. Das Verpackungsdesign sei wesentlicher Botschafter des Produkts, da es einerseits im Regal Aufmerksamkeit erregen muss, andererseits nach dem Kauf auch im Regal oder Kühlschrank zu Hause die Kundenbindung übernehme, so Kriegner.

Ing. Willi Eibner (Willi Eibner GmbH) beleuchtete die Umweltbelastung durch weggeworfene Kunststoffe, v.a. jene der Weltmeere, sowie das Konsumverhalten der Menschen. Auch Lösungsansätze wie biologische abbaubare Kunststoffe und Kunststoffrecycling thematisierte er. Damit verbunden bekämen Kennzeichnung, Additive, Verbund, Farben, Etiketten,... für ihn künftig einen höheren Stellenwert.