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KC Materials Week vom 7. bis 9. April

Zwei Hände, die einen kleinen Baum in der Hand halten
© AdobeStock/sarayut_sy
Dr. Christoph Burgstaller, Leiter des Projekts CIRCUMAT und Geschäftsführer des außeruniversitären Forschungsinstitutes Transfercenter für Kunststoff¬technik (TCKT)
Dr. Christoph Burgstaller, Geschäftsführer des außeruniversitären Forschungsinstitutes Transfercenter für Kunststofftechnik (TCKT) © DP Photography/TCKT
Foto von Clemens Holzer, Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung an der Montanuniversität Leoben
Univ.-Prof. Dr. Clemens Holzer, Montanuniversität Leoben (MUL) Department für Kunststoffverarbeitung © © Furgler/Michael Schaffer-Warga
Oliver Brüggemann hält US-Patent in der Hand
Univ-Prof. Dr. Oliver Brüggemann, Vorstand des Instituts für Chemie der Polymere an der JKU Linz © Privat

14.04.2021

Flexibel, belastbar, leicht und wiederverwertbar - die Bedeutung von Kunststoff steht außer Zweifel: Trotzdem stellt sich die Frage, welche Lösungen im Bereich der Nachhaltigkeit notwendig sind, damit Kunststoff tatsächlich zum Wertstoff des 21. Jahrhunderts wird. Bei der Online-Materials Week wurde vom Kunststoff-Cluster die provokante, aber berechtigte Frage in den Raum gestellt, ob tatsächlich alles „im grünen Bereich“ ist. Spannende Vorträge von 12 Expert*innen boten einen Einblick in die neuesten Trends und Updates aus der Forschung mit drei Keynotes.

 „Die Materials Week des Kunststoff-Clusters bot drei Tage Möglichkeiten für ein aktives Netzwerken zwischen Distributeuren und Anbietern sowie Kunststoffverarbeitern. Das war wichtig, da aktuell das große Thema die Verfügbarkeit von Kunststoffen und die Preisexplosion ist. Über 100 Firmenvertreter*innen und an die 200 Teilnehmer*innen nutzten das Format der KC Materials Week, was uns als Cluster und Vernetzungskompetenzzentrum in dieser Zeit besonders wichtig war. Das Netzwerken funktioniert auch online!“

Wolfgang Bohmayr, Cluster-Manager

Tag 1: Green Materials

Rezepturentwicklung im Wandel   

„In den vergangenen Jahren erfuhr die Rezepturentwicklung durch das Thema Kreislaufwirtschaft große Veränderungen“, berichtete Dr. Christoph Burgstaller von der Transfercenter für Kunststofftechnik GmbH (TCKT) in Wels. Kunststoffe können in allen Anwendungen nachhaltige Lösungen erbringen. Aber es muss aber immer der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt werden – und dies nicht nur technisch sondern auch ökonomisch und abhängig von den lokalen Gegebenheiten. Eine besondere Herausforderung sieht Burgstaller beim Recycling „gemischter“ Kunststoffe, beispielsweise Mehrschichtfolien. Es gibt hier verschiedenste Ansätze wie die Mechanik und Rheologie stark verbessert werden können. Als Beispiel führte er ein PE-PP-Blend aus je drei PE- und drei PP-Typen an. Hier gelang es durch den Zusatz von Copolymeren, die Zähigkeit gut zu steigern. „Recycling darf aber Probleme nicht in die Zukunft verlagern. Dies würde passieren, wenn zugesetzte Additive, um ein geforderte Materialeigenschaft bei Rezyklaten zu erreichen, ein erneutes Recycling in Zukunft verhindern.“ Besonderen Forschungsbedarf sieht Burgstaller auch bei einigen „alten“ Materialien. Besonders der Dämmstoff EPS mit dem Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD), welcher seit einigen Jahren verboten ist, wird beim Abriss von Fassaden noch viele Jahrzehnte anfallen. Auch da muss es Verwertungslösungen geben. Bei der Entwicklung von neuen Rezyklaten rät er zu Durchhaltevermögen: „Manchmal sind solche Lösungen einfach, oft müssen Materialien jedoch mehrfach überarbeitet werden.“ Aber er ist überzeugt: „Es zahlt sich aus, mit Rezyklaten zu arbeiten, der kurzfristige Mehraufwand wird sich in naher Zukunft rentieren – auch ökonomisch.“

Recycling-as-a-Service

Der deutschen Kunststoffrecycler WIPAG einer Schwester der ALBIS Distribution GmbH & Co. KG, einem europäischen Distributionsnetz für Kunststoffmaterialien bietet mittlerweile Recycling-as-a-Service (RaaS)® an wie Dominik Händler berichtete. Das Material bleibt dabei im Besitz des Kunden. „Durch den Wiedereinsatz von bekanntem Material profitieren unsere Kunden von einer hohen Qualitätssicherheit: ein effizienter und gleichzeitig nachhaltiger Ansatz mit einem großen CO2-Einsparpotenzial. Recyclingmaterialien werden in Zukunft wichtiger, da auch der CO2-Footprint von Recyclaten immer mehr angefragt wird“, so Händler.

Besser Farbqualitäten durch eigne Farblinien

Edwin Lichtenegger von der bage plastics gmbh in St.Marien, einer der größen Kühlschrankaufbereiter in Europa, sieht einen großen Vorteil, wenn Recyclinganlagen nur mit einer Farbe gefahren werden können. So kann bage bei der Farbe weiß ABS- und PS-Recyclate nicht nur aus nahezu 100% Post-Consumer-Material anbieten sondern auch in entsprechender Farbqualität.

Nachhaltige Produktentwicklung

Für nachhaltige Produktentwicklung sieht  Dipl.-Ing. (FH) Peter Ruhland von der Plastoplan Kunststoff-Handel Gesellschaft m.b.H. in Wien viele Möglichkeiten. Eine davon sind Biokunststoffe, deren Marktanteil sich ständig erhöht. So ist DURABIO™ ein biobasiertes, nicht biologisch abbaubares Polycarbonatharz, das hauptsächlich aus pflanzlichem Isosorbid gewonnen wird. Es verfügt über eine hervorragende Haltbarkeit und ermöglicht den Einsatz in einer Vielzahl von Anwendungen, z.B. als Ersatz für Hochleistungsglaskomponenten. Auch ein ABS mit 20% Austernschalen als Füllstoff versetzt, ist „grüner“ als herkömmliche Ware. Für Plastoplan hat derzeit das ISCC-Zertifizierungssystem die größte Bedeutung für eine nachhaltige Produktentwicklung.

Tag 2: Forschung, Trends und Innovationen

Materialien und Materialentwicklung - Nachhaltig?  

„Es gibt kaum mehr Diskussionen in der Kunststofftechnik, in denen der Begriff „Nachhaltigkeit“ nicht vorkommt. Was sind unsere Herausforderungen? Bei der Entwicklung von nachhaltigen Materialien und Produkten ist der gesamte Zyklus zu betrachten, beginnend bei der Materialauswahl, über den Fertigungsprozess bis hin zum Recycling am Ende der Lebensdauer. Für die Zukunft kann das als großes Potenzial für erfolgreiche fachübergreifende Zusammenarbeiten gesehen werden, wofür die österreichische Industrie- und Forschungslandschaft bestens positioniert ist. Wichtig beim Produktlebenszyklus ist aber auch, welche Performance an die Lebensdauer besteht, da es einen Unterschied macht, ob ein High Tech Produkt wie Kunststoffrohre für Energieversorgung z.B. Erdkabel oder unsere Trinkwasserdruckleitungen mit Kunststoffrohren 100 Jahre Lebensdauer haben oder 75 Jahre, da liegt die Nachhaltigkeit schon in der Lebenserwartung.“

Univ.-Prof. Dr. Clemens Holzer, Montanuniversität Leoben (MUL) Department für Kunststoffverarbeitung

Green Materials - Trends bei polymeren Werkstoffen

 „Als europaweit agierender Distributeur sehen wir sowohl bei unseren Partnern der Rohstoffseite als auch unseren Kunden eine erhöhte Nachfrage nach nachhaltigen Kunststoff-Materialen. Biesterfeld hat hier schon seit einigen Jahren entsprechend ein Portfolio an „Green Materials“ aufgebaut, um Kunden Lösungen anbieten zu können.“

Ing. Gerhard Zenz, Biesterfeld-Interowa GmbH & Co KG

Advanced Performance: The TEH-HIPEX® Range

Thermoplastische Elastomer-Hybride, wie die von Kraiburg entwickelte HIPEX®-Reihe, stellt eine neue Möglichkeit dar, thermoplastisch verarbeitbare elastische Werkstoffe zu nutzen, die das Beste aus beiden Welten verbinden. Dabei ist es sogar möglich, die HIPEX®-Materialien einzufärben, was für gummielastische Anwendungen neue Designaspekte ermöglicht. Klassische TPE-Materialien waren bisher aufgrund ihrer nicht ausreichenden Temperaturfestigkeit oder ihres Verhaltens gegenüber Kraft- und Schmierstoffen oftmals nicht die erste Wahl des Ingenieurs, der Bauteilverantwortlichen oder der Produzenten. Mit den HIPEX®-Materialien von KRAIBURG TPE können Motoren, Antriebs- oder Kühleinheiten aller Art nun von den Vorzügen profitieren. Ermöglicht werden die Eigenschaften der HIPEX®-Compounds durch deren Formulierung. Mit der TEH Technologieplattform kann aus einer Fülle möglicher Kombinationen von Elastomer und Thermoplast gewählt werden. Die mit der TEH Technologie hergestellten HIPEX®-Compounds schlagen damit die thermoplastische Brücke von den bisherigen Thermoplastischen Elastomeren zu den Elastomeren und schließen so eine Jahrzehnte alte Performance-Lücke.

Dipl.-Ing. (FH) Dirk Butschkau., KRAIBURG TPE GMBH & CO. KG, Waldkraiburg-DE

Neue Mobilität mit neuen Materialanforderungen

Die Megatrends der Mobilität von morgen stellen Kunststoffe vor neue Herausforderungen. Die Elektromobilität, autonomes Fahren, sowie die Urbane Luftmobilität stellen etablierte Materiallösungen auf den Prüfstand. Hochleistungskunststoffe stellen einen entscheidenden Erfolgsfaktor in der Erfüllung neuer Anforderungen dar. Die Optimierung von Leistungsfähigkeit, Gewicht, Sicherheit und die Effektivität des elektrischen Antriebsstrangs, sowie der Batterie stehen hier im Vordergrund. Solvay Speciality Polymers bietet für das Thema Green Mobility nachhaltige und speziell für die Elektromobilität maßgeschneiderte Lösungen, die stark angefragt werden und aktuell nahezu ausverkauft sind.

Dr. Herwig Juster, Solvay Specialty Polymers Germany GmbH, Düsseldorf-DE

Tag 3: Funktionalisierung und Funktionale Additive

„Molekularer Stempel“ für Kunststoffe  

Über eine Technik zur Datenspeicherung auf Basis des molekularen Prägens mit sequenzdefinierten Templates wie Proteinen oder Peptid-Nukleinsäuren, die als Prägestempel fungieren, berichtete Univ.-Prof. Dr. Oliver Brüggemann, der am Institut für Chemie der Polymere der Universität Linz forscht. Seinen „molekularen Stempel“ mit unsichtbarem Code hat er in Österreich und den USA patentieren lassen. Dabei können Sequenzen von chemischen funktionellen Gruppen, die – ähnlich wie in DNA – binären Codes entsprechen, durch das Prägen direkt in Standard-Polymere wie z.B. vernetzte Acrylate übertragen werden. Bei diesem Verfahren hinterlassen die in Template-Molekülen genau definierten Abfolgen zweier verschiedener funktioneller Gruppen, die Reihen von Nullen und Einsen darstellen, durch den Prägevorgang komplementäre Abfolgen funktioneller Gruppen in den Polymeren. Das Auslesen ist noch weniger ausgereift als das Prägen. Es könne zum Beispiel mit hochauflösenden chemischen Analysemethoden wie „Kernspinresonanzspektroskopie“ funktionieren. 

Additiv OnePacks tunen Kunststoffe im Recycling

„BAERLOCHER als bekannter Hersteller von Additive OnePacks in der Kunststoffindustrie, profiliert sich als Lösungsanbieter für das Kunststoffrecycling im Europäischen Markt. Spezielle Formgebungsverfahren für staubfreie Produkte ermöglichen die effiziente Verwendung von Additiven, bei denen es bisher zu Einsatzschwierigkeiten im Recycling kam. Die Verfahrenstechnik und Integration der unterschiedlich auf ihre Wirkung abgestimme Additive in ein Masterbatch ist auch für Rezyklate ein wichtiger Baustein, um hochwertige Materialien zu ermöglichen.“

Ing. Werner Peißig und Ing. Christian Englisch, A.R. Peißig GmbH, Großweikersdorf-AT

Vielfalt der funktionellen Minerale: Effizienteres Spritzgießen und Compoundmodifikationen

Die Kärntner Montanindustrie hat sich auf die Mikronisierung von Mineralen mit spezieller Partikelform spezialisiert. Alle Produkte weisen eine sehr ausgeprägte plättchenförmige oder nadelförmige Struktur auf, die entscheidend für viele Eigenschaften thermoplastischer Kunststoffe ist, wie Steifigkeit, Wärmeformbeständigkeit und Kratzfestigkeit. Als Anwendungsbepiel stellte Veronika Mayer die Verbesserung der Kratzfestigkeit durch Einsatz funktionaler Mineralien vor. Gerade die Kratzfestigkeit - als ein Schwachpunkt vieler Polymere - kann durch Zugabe funktioneller Minerale verbessert werden. Mit diesem Hintergrund erfolgte die Entwicklung eines hochglänzenden Polyamides, das gleichzeitig eine exzellente Kratzfestigkeit aufweist. Herkömmliche Füllstoffe führen oft zur Herabsetzung des Glanzgrades, was hier zwangsläufig ein K.O.-Kriterium wäre, und eignen sich daher nicht für diese Anwendung. Erreicht wurden die gewünschten Eigenschaften mit Zugabe eines hochfeinen, lamellaren Glimmers, der durch gezielte Delaminierung und Mikronisierung mittels einer speziellen Mahltechnik hergestellt werden konnte. Besonders gut eignet sich diese sogenannte Klavierlack-Optik für glänzende und trotzdem widerstandfähige Bauteile im Auto-Innenraum.

Mikroglasperlen für verbesserte Funktionalität von Polymeren

„Als Füllstoff nehmen die Mikroglasperlen Einfluss auf die Eigenschaften von Produkten und verbessern so deren Funktionalität. Typische Anwendungsbereiche dafür sind Füllperlen aus Glas für Kunststoffe,“ sagte Ing. Robert Buchinger, Swarco-M. Swarovski GmbH. Glasfüllperlen werden den Werkstoffen bei der Compoundierung/Verarbeitung des Kunststoffgranulats hinzugefügt, um die geforderten Eigenschaften zuverbessern. Bei Spritzgusswerkstoffen vermindern Glasfüllperlen durch die Isotropie den Verzug und die Schwindung. Typische Anwendungen sind technische Bauteile, Interieur und Exterieur im Automobilbereich oder 3D-Druckwerkstoffe. Nachhaltigkeit bei den Produkten der Swarco Advanced Industry Systems wird schon beim Ausgangsmaterial gelebt, da die Glasperlen aus Alt-Flachgals, also aus einem Glasrecycling Stoffstrom hergestellt werden und das bei höchster Energie- und Ressourceneffizienz. Buchinger stelle auch die neue Open Innovation Plattform JOIN&GROW | SWARCO vor, die neue Ideen für neue Anwendungen scoutet und zur kooperativen Umsetzung einlädt.

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