30.05.2022
Die Kunststoffbranche steht vor enormen Herausforderungen: Einerseits ist das Material in der Öffentlichkeit nicht unumstritten, gleichzeitig sieht sich die Branche mit sektoralen Produktverboten und hohen Vorgaben für den Wiedereinsatz von rezyklierten Kunststoffen konfrontiert.
Mit der 2018 geschaffenen Circular Plastics Alliance (CPA) gründete die EU-Kommission eine sektorenübergreifende Plattform mit dem Ziel, in Form einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Kunststoffwirtschaft 10 Millionen Tonnen recycelte Kunststoffe in neuen Produkten wiedereinzusetzen. Die CPA wurde mittlerweile von mehr als 240 Teilnehmern aus Industrie, Wirtschaft, Forschung und öffentlichen Institutionen unterzeichnet.
Auch die österreichische Kunststoffbranche muss sich klar positionieren, um ihre Kreislauffähigkeit nachweisen zu können. Entsprechend dem EU-Kreislaufwirtschaftspaket sollen bis 2030 mehr als die Hälfte der in Europa entstehenden Kunststoffabfälle rezykliert werden. Das Problem dabei: Um überhaupt abschätzen zu können, wo man mit Recyclingmaßnahmen ansetzen könnte, muss zunächst ein Überblick gewonnen werden, welche Stoffströme an welcher Stelle des wirtschaftlichen Gesamtgeschehens auftreten. Dafür ist eine solide Datenbasis erforderlich, die nun erstmals im Rahmen des Projekts „Facts Matter" erhoben wurde. Der Kunststoff-Cluster in Niederösterreich hat in Kooperation mit PlasticsEurope Austria, der Wirtschaftskammer Österreich und einem Unternehmenskonsortium aus den Bereichen Sammlung, Entsorgung und Recycling die erste großangelegte Studie in Österreich zu diesem Thema in Auftrag gegeben.
Durchgeführt wurde die Umfrage vom Wiener Beratungsunternehmen Denkstatt gemeinsam mit dem Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement der Technischen Universität Wien sowie der Conversio Market & Strategy, einem Beratungs-, Projektmanagement und Marktforschungsunternehmen, das bereits seit vielen Jahren in verschiedenen europäischen Ländern Stoffströme der Kunststoffbranche erhebt. Ergebnis der Marktanalyse ist eine detaillierte Abbildung der Kunststoffströme in Österreich. Ein paar Daten dazu:
Die Studie liefert ein umfassendes Stoffstrombild für den Werkstoff Kunststoff in Österreich und umfasst die Bereiche Produktion, Verarbeitung und Verbrauch, Abfallaufkommen und Verwertung, Kunststoffrezyklate und Einsatzgebiete.
„Damit wird die Datengrundlage für ein Circular Economy Model geliefert, zu dem eine detaillierte Ermittlung und mengenmäßige Bezifferung des Einsatzes von Rezyklaten nach Herkunft, Anwendung und wesentlichen Polymerarten ebenso gehört, wie die Entwicklung eines umfassenden Stoffstrombildes und die Erhebung fördernder und hemmender Faktoren der Kreislaufwirtschaft“, erklärt Thomas Gröger, Manager des Kunststoff-Clusters im Büro St. Pölten. „Der Wiedereinsatz von Produktionsabfall ist sehr gut etabliert. Wachstum bei Rezyklaten ist daher nur durch den Einsatz von Post-Consumer-Kunststoffabfällen möglich. Hier ist allerdings noch viel Luft nach oben. Menge und Vielfalt der Kunststoffe sind sowohl bei der Erzeugung als auch in der Verarbeitung sehr gut erfasst. In der Abfallwirtschaft liegt noch großes Potenzial auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft“, ist Gröger überzeugt.
„Durch die Facts Matter-Studie konnten Ineffizienzen, Hürden und Problematiken sowie Datenunklarheiten aufgedeckt werden. Es wurde ein internationaler Standard zur Erhebung von Stoffströmen geschaffen, der der erste Schritt zu einer nachfolgenden, periodischen Überwachung derselbigen darstellt“, betont Sabine Nadherny-Borutin, Generalsekretärin von PlasticsEurope Austria.
Die Expertin ist überzeugt, dass damit auch das notwendige Bewusstsein in der Gesellschaft, Industrie und Politik wächst, „um die erforderliche Basis für einen geschlossenen Kreislauf zu schaffen und sich stetig weiterzuentwickeln.“
„Die Ergebnisse der Studie werden helfen, die Vielfalt der essentiellen Nutzungen von Kunststoffen darzustellen, das Kreislaufpotenzial der Kunststoffe in Österreich zu quantifizieren und neue Geschäftsfelder für die Branche zu erschließen“, sind sich die beteiligten Unternehmen sicher.
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