11.08.2021
Die dezentrale Fertigung von Bauteilen ist nicht erst durch die Coronakrise in den Fokus der produzierenden Unternehmen gerückt. Neben der Überbrückung unterbrochener Lieferketten kann über eine dezentral organisierte Additive Fertigung auch ein ökonomischer und ökologischer Vorteil erreicht werden.
Viele Hersteller gehen inzwischen dazu über, „historische“ Ersatzteile, für die es keinen Original-Ersatz mehr gibt, im 3D-Drucker nachzudrucken. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Verfahren und das eingesetzte Material ein Produkt liefern, das den Qualitätsanforderungen an das Originalteil entspricht. Dafür müssen jedoch alle relevanten Daten wie Geometrie, Beschaffenheit oder auch Druckparameter in elektronischer Form vorliegen.
Eine Herausforderung dabei ist, dass – abhängig von Produkt und Einsatzzweck – unterschiedliche Materialien und verschiedene additive Fertigungsverfahren zum Einsatz kommen können. Vor allem für kleinere Unternehmen scheinen dezentrale Ansätze besonders attraktiv. So kann jeweils ein Spezialist mit der Herstellung der Teile beauftragt werden. Aber auch für größere Unternehmen ist ein dezentraler Ansatz durchaus lohnend. Etwa wenn lokale Fertigungskapazitäten nicht verfügbar sind oder wenn das gedruckte Produkt über lange Strecken transportiert werden müsste.
In jedem Fall ist es erforderlich, die Daten zuverlässig und sicher im Netzwerk vom Datenlieferanten an den Druck-Dienstleister zu übertragen und dafür zu sorgen, dass Datenpakete nicht unzulässig kopiert werden. Raubkopien sind auch aus Qualitätssicherungs- und Haftungsgründen unbedingt auszuschließen.
„Dieses Tonband wird sich in fünf Sekunden selbst zerstören.“ Diesen Satz kennen vermutlich viele aus der US-Kultserie „Kobra, übernehmen Sie!“ aus den 70er-Jahren. Die technische Realisierung im 21. Jahrhundert sieht etwas anders aus: Die Datenübertragung wird über Distributed Ledger Techniken (DLT) abgesichert. Die Bitcoin-Blockchain ist ein prominenter Vertreter davon. Eine vielfach verteilte Speicherung und ein intelligenter Algorithmus verhindern eine Datenmanipulation mit hinreichender Sicherheit, erfordern aber auch die Einrichtung einer solchen Infrastruktur. Wird das Verfahren noch um den Einsatz von Smart Contracts ergänzt, lässt sich darüber auch die Lizenzierung abbilden, indem die lizenzierte Anzahl durch die vom Drucker quittierten, erfolgreich abgeschlossenen Aufträge abgearbeitet wird. Dadurch löscht sich die Drucklizenz quasi selbstständig.
Aus logistischer Sicht hat eine verteilte Fertigung meist eine deutliche Aufwandreduzierung zur Folge, da Langstreckentransporte von Ersatzteilen durch elektronischen Datenversand abgelöst werden. Eine wirtschaftliche wie ökologische Gesamtbetrachtung allerdings wird vor allem von den IT-Maßnahmen und Werkzeugen beeinflusst. Würde man z. B. die Bitcoin-Blockchain für die Absicherung der verteilten Fertigung nutzen, würde die Ersparnis der Logistik vom Verbrauch der IT aufgefressen. Ein Beispiel: Der Transport eines Ersatzteils mit 10 kg Masse über eine Entfernung von 10.000 km per Luftfracht entspricht etwa 50 kg CO2 . Dem gegenüber steht der Stromverbrauch für eine einzige Transaktion in der Bitcoin-Blockchain von geschätzt zwischen 200 und 500 kWh, was im deutschen Strommix der Erzeugung von 100 bis 250 kg CO2 gleichkommt.
Offensichtlich bedarf es modernerer Ansätze der DLT, damit sowohl ein ökonomischer als auch ökologischer Vorteil erzielt werden kann. Mit geänderten Blockbildungsstrategien oder auch gänzlich neuen Konzepten wie IPFS - InterPlanetary File System sind hier bereits deutliche Fortschritte erzielt worden. Bei Interesse nachzulesen auf https://ipfs.io/