17.07.2023
Das EU-Kreislaufwirtschaftspaket legt die Latte hoch: Bis 2030 sollen 55 % aller Kunststoffverpackungen und 60 % des Siedlungsabfalls in den Mitgliedsländern recycelt werden. Derzeit liegt die Verwertungsquote in Österreich allerdings erst bei rund 26 % – der Sprung auf die vorgegebene Menge stellt die heimische Kunststoffbranche vor große Herausforderungen.
Der Kunststoff-Cluster beschäftigt sich seit Jahren im Rahmen überbetrieblicher Kooperationsprojekte mit dem Thema Kreislaufwirtschaft und unterstützt Unternehmen beim Erreichen der ambitionierten EU-Ziele.
„Die Clusterteams in Ober- und Niederösterreich vernetzen Unternehmen und Wissenschaft, motivieren zu Innovation und Kooperation und initiieren betriebsübergreifende Produkt- und Prozessentwicklungen sowie Forschungsprojekte und Qualifizierungsaktivitäten. Unsere Projektmanagerinnen und Projektmanager verstehen sich als Trendscouts. Sie loten aktuelle Entwicklungen der Branchen aus, greifen Zukunftsthemen auf und bereiten diese für die Clusterpartner auf“, erklärt ecoplus KC-Manager Thomas Gröger.
Wie erfolgreich dieses Konzept ist, beweisen die Aktivitäten des KC-Büros St. Pölten/ecoplus zum Thema Kreislaufwirtschaft. In den vergangenen Jahren hat das niederösterreichische Clusterteam zahlreiche Vorzeigeprojekte verwirklicht: Beginnend mit dem Projekt „Rec2TecPart“, bei dem es um das Upgrading von Kunststoffabfall durch gezielte Compoundierung auf das Niveau von Neuware ging, wurde Schritt für Schritt daran gearbeitet, Kunststoffabfall als wertvollen Rohstoff wieder in den Kreislauf zurückzuführen und so Kunststoffkreisläufe optimal zu schließen.
„Ein Gewinn für Umwelt, Unternehmen und Konsumenten und ein wichtiger Schritt bei der Green Transformation der heimischen Kunststoffindustrie“, sagt ecoplus Projektmanager Andreas Eder.
So haben beispielsweise seit fünf Jahren in drei überbetrieblichen Kooperationsprojekten knapp 90 Unternehmen und F&E-Einrichtungen an neuen technologischen Entwicklungen zum Einsatz von Recyclingkunststoff im Lebensmittelbereich gearbeitet.
Aktuell kann recycelter Kunststoff nicht ohne Weiteres für Lebensmittelverpackungen verwendet werden, denn es könnten sich Substanzen herauslösen, die mit den aktuellen Analyseverfahren noch nicht genau zuzuordnen sind. Hier setzte das Projekt „PolyCycle“ an. Die Projektpartner entwickelten gemeinsam mit renommierten Forschungseinrichtungen neuartige Teststrategien und Analysemöglichkeiten, damit wiederaufbereiteter Kunststoff problemlos für Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden kann.
„Wenn die engagierten Ziele im Nachfolgeprojekt „Safe Cycle“ erreicht werden, ergibt sich eine Win-win-Situation für Konsumenten, Wirtschaft und Umwelt, denn damit kann der Kreislauf für einen der größten Anwendungsbereiche von Kunststoffverpackungen geschlossen werden“, betont Gröger.
Ziel des Projekts „Pack2theLoop“ ist es, anhand konkreter Use Cases qualitätsgesicherte Rezyklate aus Post-Consumer-Materialien zu erarbeiten und damit zu einem geschlossenen Kreislauf für Kunststoffeinwegverpackungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Kunststoffbranche beizutragen – von den Produzenten über die Anwender und Inverkehrbringer bis zur Sammlung, Entsorgung, Verwertung und schlussendlich zum Recycling von Kunststoffverpackungen.
„Es geht darum, ein ‚Design for/from Recycling‘ als evidenzbasierten Schlüssel für zukunfts- und recyclingfähige Verpackungen zu etablieren. ‚Pack2theLoop‘ ist österreichweit das größte Branchenprojekt im Rahmen der FTI-Initiative Kreislaufwirtschaft des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und stärkt langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie“, sagt Eder stolz.
Bis heute liegt beim PET-Recycling das Hauptaugenmerk auf der getrennten Sammlung und Verwertung von PET-Hohlkörpern wie Getränkeflaschen, obwohl PET-Tiefziehartikel (Rigid 1-Verpackungen) mehr als zehn Prozent der gesamten Kunststoffverpackungsabfälle ausmachen. Im Projekt „PET2PACK“ wollen die Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft daher ein Closed-Loop-System für PET-Rigid-Verpackungen aus dem Lebensmittelbereich sowie aus dem Non-Food-Bereich über die gesamte Wertschöpfungskette in Österreich entwickeln. Im Food-Bereich sind das etwa Fleisch-, Gemüse- oder Obstschalen, Trinkbecher, Folien, Deckel, Klarsichtverpackungen, Servierschalen oder Schraubdosen. Im Non-Food-Bereich zählen beispielsweise Hohlkörperverpackungen von Waschmitteln oder Reinigern dazu. Alle angeführten Projekte wurden bzw. werden von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG gefördert.
Im Laufe der Jahre hat der Cluster ein breitgefächertes Netzwerk geschaffen, das aus wissenschaftlichen Einrichtungen, Unternehmen aus den Bereichen Kunststofferzeugung, Compoundierung, Verarbeitung und Anwendung sowie aus Experten für Abfall- und Kreislaufwirtschaft besteht. Während für einzelne Polymerarten wie PET schon ein gut ausgebautes Sammel- und Verwertungssystem etabliert ist, bestehen für die meisten übrigen Kunststoffe noch beträchtliche Herausforderungen beim Schließen von Kreisläufen – sowohl was die gesammelten Mengen als auch die Unterschiede zwischen benötigten und vorhandenen Qualitäten betrifft. 2021 war der Cluster daher federführend an der Gründung des „Österreichischen Carbon Cycle Circle“ (ÖCC2 ) beteiligt. Eine der ersten Aktivitäten des Netzwerks war, im Rahmen der Studie „Facts Matter“ eine Gesamtbilanz zu Kunststoffströmen in Österreich zu erstellen.
Basierend auf den bisherigen Projektergebnissen und den Studiendaten erfolgen nun die ersten Schritte vom Labor in die Industrie. Im Branchenprojekt „AuReLiA“ geht es um die automatisierte Analyse von Rezyklaten für den Lebensmittelkontakt, um so der EU-Verordnung über Kunststoffrecyclingmaterial für den Lebensmittelkontakt zu entsprechen.
„Dafür soll ein automatisierter Analyseansatz entwickelt werden, um Recyclingprozesse und -materialien zu charakterisieren und zu überwachen“, sagt Gröger.
Nach Abschluss des auf vier Jahre angesetzten Projekts sollen alle Erkenntnisse gemeinsam in das Projekt „Plastics4Value“ fließen, in dem das Gelernte des Vorgängerprojekts in eine industrielle Anwendung gebracht werden soll.